LOU, Mops, weiblich-kastriert, 5 Jahre alt

Lou ist ein armes Kerlchen - seit langer Zeit leidet die Hündin unter starkem Juckreiz und hat eine ganze Reihe von Abklärungen (u.A. auch am Unispital Bern und in einer anderen Tierarztpraxis) hinter sich. Lou leidet sowohl an einer Futterallergie als wohl auch einer sogenannten Atopie - hierbei werden die Allergene über die Haut oder den Atemtrakt aufgenommen. Seit langer Zeit erhält sie gegen den Juckreiz Cortison - so wird der Reiz einigermassen im Zaum gehalten.

Nun wird uns Lou wegen eines neuen Problems vorgestellt - an Kopf und Hals des Tieres haben sich Hautveränderungen gebildet.

LOU, Mops, weiblich-kastriert, 5 Jahre alt

Abklärung: Äussere Untersuchung

An Halsoberseite und Kopf haben sich Hautaerale mit borkigen Krusten gebildet, die Haut ist verdickt und sondert ein wässriges Sekret ab. Nach Ausscheren der Veränderungen sieht man, dass die Haut unter den Krusten stark entzündet ist. In einem ersten Zug wird lokal mit Salben sowie einem Antibiotikum behandelt. Ausserdem wird dem Hund langsam das seit langer Zeit verabreichte Kortison entzogen und stattdessen ein anderes, juckreizdämpfendes Medikament verabreicht.

Abklärung: Äussere Untersuchung
Abklärung: Äussere Untersuchung

Abklärung: Hautbiopsien

Unter einer kurzen Narkosen werden mehrere kleine Hautbiopsien entnommen - das Labor liefert dann die Erklärung für die Hautveränderungen: Aufgrund der chronischen Verwendung von Cortison ist es zu einer sogenannten "Calcinosis Cutis" gekommen - eine Verkalkung der Haut, die dann ihrerseits zu einer Entzündung geführt hat.

Kalzinosis cutis

Therapie und weiterer Verlauf

Vorsichtig wird in der Folge das Cortison ausgeschlichen, und schon bald bessert sich das Hautbild des Hundes.

Therapie und weiterer Verlauf

Wissenschaftliches

Juckreiz ist bei Hund und Katze ein recht häufig gesehenes Problem. Abhängig von der Ursache kann die Beseitigung sehr einfach (zB bei einem Flohbefall) oder aber hürdenreich, frustrierend, teuer und unbefriedigend sein. Insbesondere eine Atopie, bei welcher Allergene über die Atemwege oder die Haut aufgenommen werden und der Körper mit einer Überreaktion des Abwehrsystems antwortet, kann eine Diagnose (zB Haut- oder Bluttests) aufwändig und eine auf die Ursache zielende Therapie (Desensibilisierung) frustrierend sein.

Kortison ist ein Begriff, der den meisten Menschen geläufig ist. Streng genommen handelt es sich hierbei um ein von der Nebennierenrinde produziertes Hormon ("Kortex" = Rinde), welches eine ganze Reihe von Wirkungen hat - es ist ein Stresshormon, welches in den Stoffwechsel eingreift, den Wasserhaushalt beeinflusst und Entzündungen hemmt. Im Körper wird die Hormonproduktion über einen fein austarierten Regelkreis den aktuellsten Bedürfnissen angepasst.

Wegen seiner diversen medizinisch nutzbaren Qualitäten nimmt Kortison (respektive in der Regel die synthetischen Verwandten wie Prednisolon und Dexamethason) in der Medizin eine zentrale medikamentelle Rolle ein. Seine Qualitäten können absolut lebensrettend sein - beispielsweise bei einer allergischen Kehlkopfschwellung, welche zum Erstickungstod führen würde. Wie alle Medikamente hat aber auch Kortison seine Schattenseiten - insbesondere beim Menschen sind Hautprobleme, Wassereinlagerungen, Gewichtszunahmen, erhöhtes Thromboserisiko und viele weitere Nebenwirkungen gefürchtet. Hunde und insbesondere Katzen scheinen deutlich weniger anfällig auf entsprechende Nebenwirkungen zu sein.

Die chronische Gabe von Prednisolon hat bei Lou zu einer (glücklicherweise reversiblen) Hautverkalkung geführt. Nach Ausschleichen des Präparates hat sich die Haut sehr schnell wieder erholt - glücklicherweise scheint das alternativ eingesetzte Medikament bei Lou ebenfalls effizient den Juckreiz zu unterdrücken und wird gut vertragen. Da Lou ein kleiner Hund ist, ist der sehr viel höhere Preis dieses Medikamentes gegenüber dem Kortison für die Besitzer verkraftbar.

Bei Atopien kann die ursächliche Therapie mittels regelmässigen Desensibilisierungs-Injektionen frustrierend verlaufen - viele Hunde brauchen daneben trotzdem Medikamente zur Unterdrückung des Juckreizes. Kortison kann hier, wenn nur in geringen Dosen und über kurze Zeit eingesetzt, durchaus ein segensreiches Medikament darstellen.

© Dr. med. vet. P. Müller / Lyssbachvet

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