Feline Infektiöse Peritonitis (FIP)

Die Feline Infektiöse Peritonitis (FIP; ansteckende Bauchfellentzündung der Katzen) ist eine Krankheit, die sowohl bei Katzenbesitzern als auch Tierärzten viele Fragen aufwirft. Die Krankheit kann zudem unter Umständen am lebenden Tier nur sehr schwierig zu diagnostizieren sein. Schliesslich scheint sich FIP auch nicht wie eine klassische Infektionskrankheit (z.B. Grippe) direkt von Tier zu Tier zu verbreiten.

1. Erreger und Infektion

Gesichert ist, dass FIP von einem Coronavirus ausgelöst wird. Entgegen früheren Annahmen wird die Krankheit aber nicht durch eine direkte Übertragung des „FIP-Virus“ von Katze zu Katze ausgelöst: Eine Katze infiziert sich durch Aufnahme von vorerst harmlosen Coronaviren, welche im Kot durch virustragende (aber gesunde) Katzen ausgeschieden werden. Diese Infektion erfolgt meistens im Alter von 5-8 Wochen. Man schätzt, dass ca. 40% der Katzen in der Schweiz im Laufe ihres Lebens mit Coronaviren infiziert werden; in Vielkatzenhaushalten und Katzenzuchten kann dieser Anteil bis zu 70% betragen.

Im Normalfall und bei funktionierendem Immunsystem bewirkt dieser Infekt möglicherweise Durchfall von einigen Tagen. Die Katze kann sogenannt „persistierend infiziert“ werden (d.h. in der Darmschleimhaut nisten sich Viren chronisch ein) und ihrerseits zur Virenausscheiderin werden. Sie erscheint aber gesund.

Aufgrund bisher noch nicht genau bestimmter Mechanismen (z.B. ein geschwächtes Immunsystem) kann bei einer solchen Katze nun das zuvor harmlose Durchfall-Virus zum krankmachenden FIP-Virus mutieren, und das Tier beginnt, FIP-Symptome zu zeigen. Diese Mutation erfolgt unter Umständen erst längere Zeit nach der Infektion mit dem Coronavirus; die Wahrscheinlichkeit, dass eine solche Mutation erfolgt, ist offenbar abhängig von der Menge Viren, mit der die Katze konfrontiert wird (z.B. höheres Risiko bei Katzen in Tierheimen, Katzenzuchten oder Vielkatzenhaushalten).

Betroffen sind von der FIP v.A. junge Tiere.

2. Krankheitsbild

Die Symptome einer FIP sind wenig spezifisch: Die erkrankten Tiere zeigen Fressunlust, Apathie, z.T. Fieber und Gewichtsverlust.

Aufgrund der Erkrankung kommt es zu einer Entzündung der Blutgefässe in diversen Organen (z.B. Nieren, Darm, Bauchfell, Leber, aber auch dem zentralen Nervensystem und den Augen). Man unterscheidet bei einer ausgebrochenen FIP zwischen der „feuchten“ (ca. 2/3 der Fälle) und der “trockenen“ Form (1/3 der Fälle). Bei der feuchten Form bildet sich in der Bauch- und manchmal auch der Brusthöhle Flüssigkeit, welche meist gelblich, leicht zähflüssig und reich an Eiweissen ist. Bei der trockenen Form fehlen solche Ergüsse.

Eine FIP verläuft nach heutigem Wissen in den allermeisten Fällen tödlich.

3. Diagnose

Die Diagnose einer FIP kann relativ einfach (z.B. bei einer jungen Rassen-Katze mit Fieber, Gewichtsverlust, typischen Laborveränderungen und einem typischen Bauchhöhlenerguss mit positiv verlaufendem PCR auf Coronavirus) bis extrem schwierig sein. Eine abschliessende Diagnose kann manchmal erst anhand einer Gewebeprobe aus den betroffenen Organen (und damit häufig erst nach dem Tod des Tieres) gestellt werden. In Zweifelsfällen werden zur Verdichtung eines Verdachtes Symptome und Laboruntersuche quasi „aufaddiert“: Bei einer 5 Monate alten Katze mit Appetitverlust, therapieresistentem Fieber, Blutarmut, erhöhtem Gallenfarbstoff, Leberwerten und Blutproteinen und einem hohen Coronavirus-Titer ist der Verdacht auf eine FIP beispielsweise sehr hoch; eine abschliessende Diagnose ist aber bei fehlenden Körperhöhlen-Ergüssen auch hier nur mit einer Gewebeprobe stellbar. In Realität wird jedoch auf eine Gewebsprobe-Entnahme häufig verzichtet – spricht eine solche Katze nämlich nicht auf eine Antibiose und entzündungshemmende Medikamente an und verschlechtert sich ihr Zustand, so ist eine FIP-Diagnose so wahrscheinlich, dass eine Euthanasie in Betracht gezogen werden muss. Eine Unsicherheit beim Tierbesitzer und beim Tierarzt bezüglich der Diagnose ist aber nicht vermeidbar, da ein eindeutiger Test (wie z.B. der Leukosetest) immer noch nicht existiert.

4. Impfung

Seit 1995 steht in Europa eine Impfung gegen FIP zur Verfügung (Tröpfchenimpfung in die Nase). Die Untersuchungen des Herstellers zeigten damals für den Impfstoff unter Laborbedingungen eine recht gute Schutzwirkung. In der Zwischenzeit ist der Enthusiasmus für die FIP-Impfung aber drastisch gesunken: Diverse Studien haben mittlerweile belegt, dass die Impfung in der Realität meist nicht funktioniert. Der Grund dafür ist wahrscheinlich, dass junge Katzen bei der Impfung meistens schon mit dem (vorerst harmlosen) Durchfall-Coronavirus infiziert sind, welches sich im Körper einnistet und zu einem späteren Zeitpunkt möglicherweise zum FIP-Virus mutieren kann. Der Impfstoff unterbindet diese Mutation jedoch nicht und ist dadurch „im Feld“ häufig wirkungslos.

Ein Impfschutz würde nur dann entstehen, wenn bewiesen werden kann, dass die Katze vor der ersten Impfung noch nie Kontakt mit Coronaviren gehabt hat und kein Virusträger ist. Die Bestimmung von Coronavirus-Abwehrstoffen (sogenannter Corona-Titer) im Blut vor einer möglichen Impfung (ähnlich dem Leukose-Test vor der Leukoseimpfung) ist aber wenig sinnvoll, da bis zu 10% der Katzen, welche Coronaviren ausscheiden, einen negativen Corona-Titer im Blut aufweisen.

Eine Impfung kann deshalb nur in Ausnahmefällen empfohlen werden (z.B. geschlossene Katzenzucht, in welcher alle Tiere frei von Coronaviren sind). Zusätzlich erschwerend käme aber auch in dieser Situation hinzu, dass nach einer FIP-Impfung eine Serokonversion erfolgt und die geimpften Tiere deshalb einen erhöhten Corona-Titer aufweisen; somit sind dann geimpfte Tiere nicht mehr von infizierten Tieren zu unterscheiden (sogenannter Impftiter).

5. Empfehlungen für Katzenbesitzer

Da die FIP-Impfung wie oben beschrieben in den meisten Fällen nicht empfohlen werden kann, liegt das Hauptaugenmerk der FIP-Bekämpfung auf der Prävention. Katzenbesitzern werden folgenden Massnahmen zur Senkung des FIP-Risikos empfohlen:

  • Idealerweise sollten Katzen in Kleingruppen (2-3 Tiere) zusammenleben. Bei Bildung von grossen Gruppen (Tierheime, Katzenzuchten) steigt das Risiko einer Coronavirus-Infektion.
  • Futter- und Wassergeschirre sollten nicht zwischen Katzengruppen ausgetauscht werden.
  • Die Katzenkistchen sollten häufig gereinigt werden, um das Infektionsrisiko mit Coronaviren zu vermindern. Die Verwendung von mehreren Katzenkistchen pro Haushalt vermindert ebenfalls das Infektionsrisiko (Faustregel: Anzahl Kistchen = Anzahl Katzen + 1).
  • Katzen, welche sehr viel Viren ausscheiden, sollten von den restlichen Tieren zu deren Schutz getrennt  gehalten werden. Die Bestimmung des sogenannten „Virusloads“ eines Tieres bedingt eine mehrmalige Kotuntersuchung.

6. Therapie

Lange Zeit wurde die FIP als eine nicht-therapierbare Erkrankung betrachtet, welche unweigerlich zum Tod des Patienten führt. Ab 2018 zeigte insbesondere die langwierige und intensive Forschung der Gruppe um Dr. Niels Pedersen von der UC Davis/Kalifornien, dass der Wirkstoff "GS-441524" bei erkrankten Katzen eine beinahe wundersame Effektivität in der Bekämpfung der Symptome und Heilung der Katzen zeigte. Der Wirkstoff hemmt die schnelle Vermehrung der Coronaviren und kann mittels Injektionen oder oral verabreicht werden. Zur Zeit (Ende 2022) existiert aber leider (noch) kein zugelassenes Medikament auf dem Markt, was die medizinische und juristische Situation schwierig macht. Die Besitzer von betroffenen Katzen sind gezwungen, sich das Präparat über inoffizielle Kanäle zu beschaffen - ausführlichere Informationen zum Thema finden sich auf unserer Website anlässlich eines Fallberichts.

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